Kommt es tatsächlich zum Brexit, dürfte die britische Wirtschaft (zumindest vorerst) ausgebremst werden. Vor allem Handel und Investitionen könnten leiden. Das dürfte sich auch in der Entwicklung der Wechselkurse widerspiegeln.
Knapp die Hälfte aller Exporte Großbritanniens gehen in die EU, mehr als die Hälfte aller Importe kommen aus EU-Ländern. Mit einem Negativsaldo von fast vier Prozent weist damit die britische Handelsbilanz mit der EU ein Ungleichgewicht zu Ungunsten Großbritanniens auf. „Angesichts der Tatsache, dass die EU für nahezu die Hälfte des britischen Handels steht während Großbritannien lediglich fünf Prozent des gesamten Handels der EU ausmacht, ist klar dass Großbritannien eher von der EU abhängt als umgekehrt“, erklärt Victor Nossek, Research-Chef des US-ETF-Anbieters WisdomTree.
Auch ausländische Investoren, die in Großbritannien als Tor zur EU betrachten, könnten nach einem Brexit ausbleiben. Überhaupt stellt sich die Frage, wie das britische Handelsbilanzdefizit mit Europa in Zukunft finanziert werden soll. Nach dem Brexit müssten Handelsabkommen neu verhandelt werden. Das könnte dauern und währenddessen dürfte das Defizit weiter anschwellen. Am Ende der Verhandlungen könnten Großbritanniens Unternehmen in einer weniger günstige Positionen landen. Zugleich würde die Abhängigkeit von ausländischem Kapital steigen, um das Handelsbilanzdefizit zu finanzieren.
Diese Faktoren dürften tendenziell die Gewinnentwicklung der britischen Unternehmen belasten und damit auch die Aktienkurse der britischen Unternehmen. Optimisten hoffen allerdings, dass viele der großen britischen AGs nicht allzu stark betroffen sind, weil sie auch viel Geschäft außerhalb Europas machen. Mit ziemlicher Sicherheit wird der EU-Abschied jedoch zu einer weiteren Abwertung der britischen Währung führen. Das Britische Pfund, das bereits vor der Abstimmung zum EU-Verbleib um fünf bis sechs Prozent abgewertet hat, könnte nach dem Brexit locker nochmals zehn Prozent nachgeben.
Super-Spekulant George Soros hält sogar 20 Prozent Abwertung für möglich. Der Mann hat Ahnung: Vor 24 Jahren wettete der Hedge-Fonds-Manager schon einmal erfolgreich gegen das Pfund – und verdiente prächtig an dessen Abwertung nach dem Ausstieg Briten aus der europäischen Währungsschlange, einem Vorläufer des Euros.